Venezianische Verwicklungen - Luca Brassonis erster Fall by Daniela Gesing

Autor:Daniela Gesing [Gesing, Daniela]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-03-03T00:00:00+00:00

Kapitel 17

Brassonis Cousin Stefan, genannt Caruso, stand mit Kopfhörern im Ohr vor dem Haus, in dem sich Charlotte Beckers Apartment befand. Er sah mit seinen Sandalen, kurzen Hosen und der Kamera um den Hals aus wie ein typisch deutscher Tourist. In seinem MP3-Player lief gerade eines seiner Lieblingslieder von Queen, Bohemian Rhapsodie. Da sich bislang noch nichts getan hatte, war er ganz entspannt und sang lautstark mit. Weil seine Stimme nicht die schlechteste war, nickten ihm einige der Fußgänger freundlich zu, ein älteres Pärchen drückte ihm gar ein paar Dollar in die Hand. Schließlich überlegte er sich, dass er damit doch wohl zu viel Aufmerksamkeit erregte, nahm die Kopfhörer aus den Ohren und stellte den Player ab. Er war direkt nach dem Gespräch mit Luca losgezogen und hatte sich vor Charlotte Beckers Unterkunft postiert. Das Apartment lag im zweiten Stock.

Caruso ließ seine letzte »Überwachung«, die er für den Commissario gemacht hatte, im Geiste Revue passieren. Der Verdächtige hatte ihn irgendwann bemerkt und zur Rede gestellt, was in einer unangenehmen Situation endete. Caruso trug einen Nasenbeinbruch davon, der Verdächtige entpuppte sich als unschuldig, und er selber schwor sich, nie wieder für Brassoni zu ermitteln. Aber trotzdem hatte er sich erneut darauf eingelassen. Er hatte am Nachmittag nichts anderes zu tun, deshalb konnte es ja vielleicht ganz kurzweilig sein, eine attraktive Frau zu verfolgen und ein bisschen zu recherchieren, was sie in Venedig so anstellte. Außerdem war bei ihr das Risiko geringer, dass sie ihn verprügelte.

Gerade als es Caruso langweilig wurde, öffnete sich die Hauseingangstür, und die Professorenwitwe trat auf die Straße. Obwohl sie eine Sonnenbrille aufhatte, konnte er sie erkennen. Sie trug jetzt ein dezent geblümtes Sommerkleid, das um die Taille gewickelt war.

Caruso drehte sich schnell zur Seite, als sie in seine Richtung losmarschierte. Heimlich machte er ein paar Fotos von ihr. Dann nahm er die Verfolgung auf. Signora Becker schien es nicht eilig zu haben. Wie erwartet machte sie sich als Erstes auf zum Institut der Gerichtsmedizin. Brassoni hatte ihm schon mitgeteilt, dass die Pathologin mit der Autopsie fertig sei und Signora Becker in Anwesenheit eines Beamten ihren Mann sehen könne.

Während Charlotte Becker in dem Gebäude verschwand, zündete Caruso sich eine Zigarette an. Eigentlich hatte er sich das Rauchen abgewöhnt, aber in Stresssituationen überkam ihn manchmal ein unvernünftiges Verlangen nach einem Glimmstängel. Er war froh, dass er nicht mit in die Untersuchungsräume musste, denn er hatte kein Bedürfnis danach, sich zwischen Leichen aufzuhalten.

Es dauerte nur eine Viertelstunde, dann sah er die Frau ziemlich gefasst aus der Eingangstür kommen. Keine Spur von Tränen, das konnte er sehen, weil sie ihre Sonnenbrille für ein paar Minuten nicht aufhatte. Ihre Miene war versteinert, aber nach einigen Hundert Metern blieb sie interessiert vor den Ständern eines Modegeschäftes stehen und schaute sich in aller Seelenruhe die neuesten Schuhmodelle an. Caruso seufzte, als er sah, dass sie zwei Modelle in die Hand nahm und in den Laden ging, um sie anzuprobieren. Typisch Frau, aber ob das die angemessene Reaktion war, wenn man soeben seinen durch brutale Umstände verstorbenen Mann besucht hatte? Da stimmte doch etwas nicht, da war er sich sicher.

Download

Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.